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Stellungnahme | Antrag der Fraktionen SPD und CDU „Grundbildung fördern, Analphabetismus bekämpfen“

Der Verband Deutscher Privatschulen Niedersachsen-Bremen e. V. (VDP) bedankt sich für die Möglichkeit der schriftlichen Stellungnahme zu dem vorliegenden Antrag (Drs. 18/6760) und zur Möglichkeit der Teilnahme an der mündlichen Anhörung am 11. Januar 2021.

Allgemeines zum Antrag
Die Erwachsenenbildung leistet einen wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt, zur Stärkung unserer Demokratie, zur Alphabetisierung und Grundbildung, zur Integration von Migrant*innen und schließlich zur Weiterbildung und Fachkräftesicherung in Niedersachsen.
Der Landesverband des VDP setzt sich für die Förderung der Grundbildung und Bekämpfung des Analphabetismus in Niedersachsen ein und schließt sich der Forderung der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU, die Grundfinanzierung der Erwachsenenbildung prinzipiell an.
Aus Sicht des VDP gibt es jedoch ein paar entscheidende Fragen zum Antrag zu klären. Grundsätzlich stellen sich für den VDP die Fragen,

  1. wie Erwachsenenbildung in Niedersachsen definiert wird?
  2. welche Träger unter dem Begriff Erwachsenenbildung in Niedersachsen subsumiert sind?
  3. wie offen oder eng gefasst der Begriff Grundbildung definiert wird?

Aus Sicht des VDP ist daher zunächst der Begriff der „Erwachsenenbildung“ zu definieren und auf alle Bildungsträger, die in der Erwachsenenbildung tätig sind, zu erweitern. Im Antrag ist jedoch der Begriff „Erwachsenenbildung“ unseres Erachtens gleichgesetzt mit den anerkannten Trägern nach dem NEBG. Damit werden allen anderen Bildungsträger in freier Trägerschaft in Niedersachsen ausgeschlossen und ihre Bildungsarbeit beispielsweise in der Alphabetisierung und Grundbildung negiert.

Zu den einzelnen Punkten
Zu 1. | Einer Erhöhung der Grundfinanzierung der Erwachsenbildung ist prinzipiell zuzustimmen, wenn diese einem Zweckbezug unterliegt, der anders nicht ausreichend sichergestellt werden kann. Aus Sicht des VDP fehlt jedoch ein Zweckbezug zu den vorgetragenen Problemlagen; es wäre sicherzustellen, dass Fördergelder des Landes tatsächlich nur zweckgebunden eingesetzt werden können. So kann ausgeschlossen werden, dass es beispielsweise im Bereich der öffentlichen Vergaben von Bildungsdienstleistungen möglichweise zu Wettbewerbsverzerrungen kommt, weil Angebotspreise aufgrund einer Kompensation durch eben diese Fördermittel günstiger kalkuliert werden können.

Zu 2. | Wir unterstützen die Stärkung von Initiativen und Projekten zur Stärkung der Grundbildung. Wir möchten Sie jedoch darauf aufmerksam machen, dass dies eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe ist, welche wir nur gemeinsam bewältigen können. Insofern bitten wir Sie, auch freie Träger, die in diesen Bildungsbereichen tätig sind zu stärken.

Zu den Nummer 3 bis einschl. 6 | Wir unterstützen die Förderung der Entwicklung neuer Materialen, den Ausbau digitaler Angebote inkl. Lern-Apps und einen möglichst niederschwelligen Zugang dazu und halten sie für zielführend im Sinne des Antrages.

Zu 10. | Wir begrüßen ausdrücklich, fehlende Grundbildungskenntnisse in den Zusatzangeboten des Landes zu berücksichtigen. Insofern ist bei Sprachförderangeboten für Geflüchtete ist eine Verzahnung von Bundes- und Landesangeboten anzustreben. Sprachförderangebote des Landes Niedersachsen machen aus Sicht des VDP nur dann Sinn, wenn sie Zusatzangebote oder ergänzende Angebote zu den vom Bund, insbesondere vom BAMF geförderten Sprachkursangeboten sind und allen in diesem Bereich tätigen Trägern in Niedersachsen offenstehen.

Zu 11. | Wir halten die Weiterentwicklung von Qualifizierung und Fortbildung der Lehrenden in der Grundbildung für zielführend im Sinne des Antrages. Hier ist darauf zu achten, ein breites Angebot für alle Träger der Erwachsenenbildung in Niedersachsen zu entwickeln und anzubieten und eine Verzahnung von Qualifizierungen auf Landes- und Bundesebenen zu erreichen.

Zu 12. | Die Integration der Erfahrungen aus der Erwachsenenbildung setzt aus Sicht des VDP, wie bereits dargelegt, eine offene Begriffsinterpretation und daraus resultierende gleichberechtigte Teilhabe und Transparenz voraus. Das betrifft insbesondere auch die Evaluation und Beratung politischer Entscheidungsgremien sowie die daraus resultierende Empfehlung für Förderinhalte und -mittel und deren Verteilung innerhalb der Erwachsenenbildung in Niedersachsen.

Zu 13. | Eine Netzwerkarbeit von allen relevanten Akteuren kann nur erreicht werden, wenn auch alle relevanten Akteure wahrgenommen und entsprechend gefördert werden. Das spricht aus Sicht des VDP dafür, den Begriff „Erwachsenenbildung“, wie er derzeit von der Politik benutzt wird, zu hinterfragen und alle Bildungsträger unter diesem Begriff zu subsumieren und damit die Wahrnehmung von Erwachsenbildung und ihren Akteuren in der öffentlichen Wahrnehmung zu stärken.

Zu 14. | Wir halten einen stärkeren Fokus der Bildungsforschung auf die Themen des funktionalen Analphabetismus für zielführend im Sinne des Antrages.

Zu 15. | Wie halten wir es für sinnvoll, zu prüfen, wie in bestehenden Förderstrukturen und Forschungsprogrammen die Aspekte Grundbildung und Alphabetisierung stärker berücksichtigt werden können. Gleichzeitig erachten wir es ebenfalls für sinnvoll, zu prüfen, wie die vorhandenen Förderstrukturen und Forschungsprogramme für weitere Bildungsträger geöffnet werden können sowie für zukünftige Programme eine gleichberechtigte Teilhabe aller Bildungsträger in Niedersachsen anzustreben und zu realisieren ist.

Zu 16. | Die Didaktik und Methodik der Grundbildung regelmäßig wissenschaftlich zu begleiten und Erkenntnisse in die Bildungspraxis zu überführen, ist aus Sicht des VDP für eine qualitativ hochwertige Bildungsarbeit obligatorisch. Genauso wichtig ist es in diesem Zusammenhang, alle Träger der Erwachsenenbildung in Niedersachsen an diesem Prozess zu beteiligen.

Wir bitten um Prüfung und Berücksichtigung unserer Anmerkungen und stehen Ihnen für Fragen hierzu während der mündlichen Anhörung gerne zur Verfügung.

PM | Sprache und Qualifizierung: Herausforderungen bei der Integration von Flüchtlingen in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt

Hannover, 22. November 2017 – Deutschland steht bildungs- und arbeitsmarktpolitisch weiterhin vor großen Herausforderungen. Für eine langfristige Integration von Migranten und geflüchteten Menschen in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt ist ein frühzeitiger Spracherwerb unverzichtbar. Der Verband Deutscher Privatschulverbände e.V. (VDP) vertritt bundesweit rund ein Drittel der Bildungsträger in freier Trägerschaft, die für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als Anbieter von Integrationskursen tätig sind. 

Seitdem deutlich mehr Menschen nach Deutschland geflüchtet sind, setzen sich die Kursteilnehmer der Integrationskurse aus zahlreichen neuen Zielgruppen zusammen. Diese unterscheiden sich deutlich von früheren Zielgruppen, für die dieses Instrument der Integration und des Spracherwerbs ursprünglich konzipiert wurde. Die biografischen Hintergründe und das Lebensumfeld der Teilnehmenden sind deutlich differenzierter und vielfältiger im Vergleich zur Teilnehmergruppe der vergangenen Jahre. Viele Kursteilnehmer kämpfen mit posttraumatischen Belastungsstörungen. Das führt zu einem steigenden Bedarf an Unterstützungsleistung durch den Kursträger, die mit der vorgesehenen Personalressource nicht geleistet werden kann. „Der VDP begrüßt die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zusätzlich in den speziellen Integrationskursen (z.B. Alphabetisierungskurse) eine soziale Begleitung zu finanzieren. Gleichzeitig fordert der VDP eine unbefristete Ausweitung des Projekts ‚Soziale Begleitung im Integrationskurs‘ auch für die allgemeinen Integrationskurse“, so Dietmar Schlömp, VDP-Bundesgeschäftsführer.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) bietet in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlingen seit letztem Jahr so genannte Kombinationsmaßnahmen an. Dabei wird der Spracherwerb mit Kompetenzfeststellung und betrieblicher Erprobung verzahnt. Die Kombination führt allerdings schnell zu einer Überforderung der Kursteilnehmer, was unter anderem die Abbrüche von Maßnahmen zur Folge hat. „Bei der Durchführung der Kombinationsmaßnahmen hat sich gezeigt, dass der Spracherwerb an erster Stelle stehen muss. Eine langfristige und nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt kann nur schrittweise erfolgen“, so Dietmar Schlömp weiter.

Derzeit sind von den ca. 43.000 Plätzen der Kombinationsmaßnahmen nur knapp die Hälfte belegt. Dies zeigt, dass die Verzahnung von Projekten und Maßnahmen zwischen Bund, Ländern und Kommunen noch nicht erfolgreich umgesetzt ist. Der VDP fordert deshalb eine Bündelung der Integrationsleistungen. „Die Aufteilung der Flüchtlingsthematik auf verschiedene Ministerien und Behörden hemmt eine schnelle Integration“, so Dietmar Schlömp.

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Der Verband Deutscher Privatschulverbände e.V. (VDP) vertritt die Interessen von Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft im allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulbereich sowie in der Erwachsenenbildung und im tertiären Bereich (Fachhochschulen und Hochschulen). Der 1901 gegründete Verband mit Sitz in Berlin bindet seine Mitglieder weder weltanschaulich noch konfessionell oder parteilich. Nähere Informationen erhalten Sie bei: Robert Renner, Pressesprecher.