Stellungnahme | Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Nds. Schulgesetzes
Der Verband Deutscher Privatschulen Niedersachsen-Bremen e.V. (VDP) bedankt sich für die Möglichkeit der schriftlichen Stellungnahme im Rahmen der mündlichen Anhörung zum o. g. Gesetzentwurf.
Am 29. Januar hat der Landtag erstmals über das Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes (Drs. 19/6285) beraten und federführend an den Kultusausschuss überwiesen. Mit diesem Schreiben möchte der Verband Ihnen die Hintergründe und Auswirkungen des Gesetzes aus der Perspektive unseres Verbandes darlegen. Besonders wichtig ist uns, Ihnen die Entstehung des Gesetzes näherzubringen, da der Kultusausschuss seit Beginn des Prozesses fast vollständig neu besetzt wurde. Daher hat sich der Verband dazu entschieden, dieser Stellungnahme zwei Anlagen beizufügen die zum einen die einzelnen Aspekte des Gesetzes aufgreifen (Anlage 1) und zum anderen die Chronologie dieses Gesetzes aufzeigen (Anlage 2).
Bevor wir im Folgenden auf das Für und Wider dieses Gesetzes eingehen, ist vorab noch anzumerken, dass die Arbeitsgruppen im Bereich der Schulaufsicht ihre Arbeit noch nicht beendet haben. Folglich ist noch keine entsprechende Verordnung vorhanden, auch wenn eine Verordnungsermächtigung im Gesetzentwurf bereits formuliert wurde. Darüber hinaus fehlt auch die überarbeitete Finanzhilfe-Verordnung, welche angekündigt wurde und ebenfalls nur als Arbeitsstand bekannt ist. Insofern können weder die finanziellen Auswirkungen noch die Bürokratie durch die Lehrkräftegenehmigung unserer Ansicht nach näher abgeschätzt werden.
Abwägung zwischen Fortschritt und Kritik
Der vorliegende Gesetzentwurf weist sowohl positive Entwicklungen als auch zentrale Schwächen auf. Dies hat uns von Anfang an in eine schwierige Lage versetzt, da die positiven Aspekte durch erhebliche Bedenken überschattet werden.
Im Letter of Intent (LoI) heißt es zum Passus Schulaufsicht: „…gemeinsam mit der Reform der Finanzhilfe„. Es sollte das eine nicht ohne das andere geben. Es entspricht also nicht dem LoI, wenn eine Reform der Schulaufsicht stattfindet und die Anforderungen – insbesondere an das Lehrpersonal – steigen, ohne dass eine zukunftsweisende Finanzierung sichergestellt wird. Denn mit dieser Formulierung haben sowohl wir als Verband als auch die freien Schulträger die Hoffnung und Erwartung geknüpft, dass es zu einer substanziellen und nachhaltigen Verbesserung führt. Dies ist allerdings nicht gegeben, auch wenn der vorliegende Gesetzentwurf Verbesserungen enthält, die als Fortschritte für Schulen in freier Trägerschaft bewertet werden könnten. Dazu zählt neben der Evaluation auch und vor allem der Mechanismus zur finanziellen Anpassung bei Veränderungen oder sogenannten Einmalzahlungen. Gleichzeitig wurden jedoch zentrale Anliegen der Verbände nicht berücksichtigt. Dazu gehören insbesondere:
- Die unzureichende zeitliche und inhaltliche Ausgestaltung der Evaluierungsklausel, die sicherstellen soll, dass die Auswirkungen des Gesetzes überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden.
- Die nicht sachgerechte Definition der Faktoren „Jahresentgelt“ und „Sachkosten“, die maßgeblich für die Berechnung der Finanzhilfen sind. Insbesondere ist es hier zwingend erforderlich, dass die für die Berechnung maßgeblichen Faktoren eine hinreichende Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft gewährleisten. Dies ist so aktuell nicht der Fall.
- Der offene Arbeitsprozess zur Schulaufsicht, bei dem zentrale Fragen bisher nicht geklärt wurden.
Finanzhilfe für freie Schulen: Ein Schritt zurück?
Die vorgeschlagene Formel zur Berechnung der Finanzhilfe für freie Schulen, die im LoI vereinbart wurde, verspricht eine größere Transparenz. Tatsächlich könnte diese Neuregelung jedoch zu erheblichen Nachteilen für Träger freier Schulen führen.
Denn durch die Festlegung des Abschlags auf 0,8 wird die Unterfinanzierung der freien Schulen praktisch zementiert. Ohne klare Vorgaben zur Berücksichtigung aller Betriebskosten, d. h. Personalkosten, Personalnebenkosten und kommunalen Sachkosten, einschließlich des Personalgemeinkostenzuschlags, wird die Berechnung der Finanzhilfe unvollständig bleiben und somit bei weitem keine 100% als Bezugsgröße erreicht.
Ziel des LoI ist eine transparente, nachvollziehbare Berechnung der Finanzhilfe, mit der sich zukünftig die Bezuschussung der Betriebskosten der Schulen in freier Trägerschaft am öffentlichen Schulwesen orientiert. Es wurde darin auch explizit festgehalten: „Die Finanzhilfereform setzt deshalb voraus, dass die erforderlichen Haushaltsmittel in den Landeshaushalt aufgenommen und beschlossen werden.“ Der Verband fordert daher eine substanzielle Erhöhung der Finanzhilfe, um die tatsächlichen Betriebskosten der freien Schulen realistisch abzubilden und die finanzielle Stabilität nachhaltig zu sichern.
Darüber hinaus ist die überarbeitete Finanzhilfeverordnung noch nicht fertig, was die Abschätzung der finanziellen Auswirkungen erschwert. Beispielhaft sind hier die gestiegenen Sachkosten am Beispiel für Schulreinigungskosten zu nennen. Der Mindestlohn für Beschäftigte in der Gebäudereinigung ist in den letzten fünf Jahren um rund 20% gestiegen. Verstärkt wird dieses Problem durch die Inflation. Insofern ist die Setzung des Faktors 1,167 für die Sachkosten nicht hinreichend transparent.
Ferner soll eine zusätzliche Kürzung bei der Erstattung der Kosten für die Zusatzversorgung vorgenommen werden. Laut § 150 Abs. 8 Satz 1 werden die Ausgaben der Schulträger für eine angemessene Zusatzversorgung des Lehr- und Zusatzpersonals unter Anwendung des Abschlagsfaktors bezuschusst. Dabei dient als Bezugsgröße bereits die um den Abschlagsfaktor geförderte Personalkostenberechnung gemäß § 150 Abs. 3. Wird auf diesen berechneten Höchstbetrag für die Zusatzversorgung erneut der Abschlagsfaktor angewendet, führt dies zu einem unbegründeten doppelten Abzug. Dies steht im Widerspruch zur Begründung des Gesetzentwurfs (Buchstabe g, Seite 13), da die Eigenbeteiligung der Schulträger bereits durch den Abschlagsfaktor in der Berechnungsformel der Stundensätze berücksichtigt ist.
Stärkung der Schulaufsicht: Bürokratie statt Effizienz?
Die Einführung der Lehrkräftegenehmigung, so wie sie im Gesetzesentwurf vorgesehen und begründet ist, könnte das Gegenteil von dem bewirken, was angestrebt wurde. Sollte jede Einstellung nochmals aufwendig von der Behörde geprüft werden, führt das zu erheblichen Verzögerungen bei der Personalplanung und unzureichender genereller Planungssicherheit seitens der freien Schulen. Der Verband fordert daher jedenfalls die Einführung einer Genehmigungsfiktion im Gesetz, um eine schnelle und unbürokratische Personalplanung zu ermöglichen und sicherzustellen, dass freie Schulen nicht Gefahr laufen, aufgrund von Verzögerungen Unterrichtsausfälle zu erleiden.
Zudem wird in der Begründung angeführt, dass die Einführung der Lehrkräftegenehmigung die Qualität der Lehrkräfte sichern soll. Gleichzeitig soll den Besonderheiten der Privatschulfreiheit Rechnung getragen werden. Aus Sicht des Verbandes droht hier ein übermäßiger Eingriff in die Privatschulautonomie, insbesondere dann, wenn das öffentliche Schulsystem den Maßstab bildet.
Ein weiteres Problem sieht der Verband im Interessenkonflikt der Schulaufsichtsbehörde, die sowohl die Aufsicht führt als auch als Akteur agiert – etwa, wenn sie einerseits über die Lehrkräftegenehmigung für freie Schulen entscheidet, während andererseits Genehmigungsverfahren für Quereinsteiger:innen an öffentlichen Schulen aufgrund einer anderen Priorität schneller entschieden werden. Hinzu kommt, dass freie Schulen zur Genehmigung neuer Bildungsgänge detaillierte Konzepte und Lernsituationen einreichen müssen, wodurch die Behörde frühzeitig Einblick in innovative pädagogische Ansätze erhält, die potenziell in öffentliche Schulen einfließen könnten. Insofern wäre die Schaffung einer unabhängigen Instanz zur Entscheidung über die Genehmigung von Bildungsgängen und Lehrkräften für freie Schulen wünschenswert, um Interessenkonflikte zu vermeiden und Chancengleichheit zwischen freien und öffentlichen Schulen sicherzustellen.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der vorliegende Gesetzentwurf zwar einige Fortschritte enthält, jedoch auch erhebliche Mängel aufweist, die nicht unbeachtet bleiben dürfen. Besonders im Bereich der Finanzhilfe und der Schulaufsicht sind nach Auffassung des Verbandes dringend Nachbesserungen erforderlich, um die Handlungsfähigkeit und Unabhängigkeit freier Schulen zu sichern. Andernfalls könnte das Gesetz mehr Probleme schaffen, als es löst.
Inhaltlich hat sich der Verband eng mit dem Bündnis Freier Schulen Niedersachen abgestimmt. Insofern schließt sich der Verband der Stellungnahme der AGFS an. Gleichzeitig trägt der Verband die inhaltlichen Ausführungen der Ausbildungsallianz Niedersachsen sowie des CJD mit. Wir bitten um Berücksichtigung und Prüfung unserer Anmerkungen und hoffen auf einen konstruktiven Dialog. Gerne stellen wir uns im Rahmen der mündlichen Anhörung Ihren Fragen.
Download Anlage 1 | Detaillierte Ausführungen zu den geplanten Änderungen
Download Anlage 2 | Chronologie