Stellungnahme | Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes

Der Verband Deutscher Privatschulen Niedersachsen-Bremen e.V. (VDP) bedankt sich für die Möglichkeit der schriftlichen Stellungnahme. Der vorliegende Entwurf zur Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes (NSchG) enthält eine Vielzahl von Anpassungen, die auch für Schulen in freier Trägerschaft erhebliche Auswirkungen haben.

Wir begrüßen ausdrücklich die Maßnahmen, die auf Modernisierung, Digitalisierung und die Sicherung pädagogischer Qualität abzielen. Gleichzeitig sehen wir an mehreren Stellen Klärungs- und Anpassungsbedarf, um die Gleichbehandlung freier Schulen sicherzustellen, unverhältnismäßige Belastungen zu vermeiden und die Funktionsfähigkeit der freien Träger auch langfristig abzusichern.

Freie Schulen erfüllen einen gesetzlichen Bildungsauftrag nach Art. 7 Abs. 4 GG und leisten – sowohl im allgemeinbildenden Bereich als auch in der beruflichen Bildung – einen unverzichtbaren Beitrag zur Bildungsversorgung des Landes. Besonders in pflegerischen sowie sozialpädagogischen Berufen tragen freie Schulen maßgeblich zur Fachkräftesicherung in Niedersachsen bei. Gesetzliche Änderungen dürfen daher nicht zu strukturellen Nachteilen führen und müssen den Bestand freier Schulen verlässlich sichern. Im Folgenden gehen wir auf einzelne Paragrafen mit besonderer Bedeutung für freie Schulen ein.

§ 1 – Einbeziehung des bundeseinheitlichen Pflegefachassistenzgesetzes
Wir begrüßen ausdrücklich, dass das bundeseinheitliche Pflegefachassistenzgesetz in das NSchG integriert wird und der Bildungsgang Pflegefachassistenz damit weiterhin im Regelungsbereich des Kultusministeriums bleibt. Dies schafft Kontinuität und stärkt die Ausbildung in einem gesellschaftlich hochrelevanten Berufsfeld.
Hinsichtlich der sich daraus ergebenden finanziellen Auswirkungen verweisen wir auf die Ausführungen unter § 151a.

§ 7 – Berufsorientierung
Die gesetzliche Klarstellung der Berufsorientierungsverpflichtung ist im Hinblick auf gesamtgesellschaftliche und arbeitsmarktpolitische Ziele nachvollziehbar. Sie erfordert jedoch zusätzliche zeitliche und organisatorische Ressourcen.
Allerdings ist festzustellen, dass die bisherige Entlastungsregelung für öffentliche Schulen ausgelaufen ist. Somit müssen Schulen, unabhängig ihrer Trägerschaft, die zusätzliche Aufgabe nun vollständig aus der bestehenden Personal- und Ressourcenlage bewältigen.
Wir erwarten, wenn der Gesetzgeber eine ausgeweitete und qualitativ verbesserte Berufsorientierung rechtlich verankert, dass er auch für eine verlässliche und dauerhafte finanzielle Absicherung sorgt. Ohne entsprechende Ressourcen kann die gesetzliche Erwartung an alle Schulen – öffentliche wie freie – nicht erfüllt werden.

§ 14 – Förderschulen
Der neu gefasste § 14 Abs. 2 könnte unbeabsichtigt die etablierten inklusiven und integrativen Konzepte freier Förderschulen erheblich beeinträchtigen. Die vorgesehene Beschränkung der Aufnahme von Schülerinnen und Schülern mit ausschließlich oder vorrangig festgestelltem Förderbedarf schließt Kinder ohne oder mit anderem Förderbedarf aus, z. B. solche mit milden Lern- oder Entwicklungsproblemen, die bislang von Förderschulen aufgenommen werden konnten. Damit würden Förderschulen an der Bildung heterogener Lerngruppen gehindert und Modelle wie „umgekehrte Inklusion“ oder besondere pädagogische Profile faktisch unmöglich gemacht.
Wir erwarten daher eine präzisierende Verwaltungsauslegung, die sicherstellt, dass integrative und inklusive Konzepte an freien Förderschulen weiterhin zulässig bleiben und die die freien Schulen nicht in ihren Profilen beschneidet oder dem Grundgesetz widerspricht.

§ 58 – Distanzunterricht
Der neu verankerte Distanzunterricht ist aus Sicht moderner Schulentwicklung grundsätzlich positiv. Freie Schulen dürfen daher bei der Anwendung des § 58 nicht schlechter gestellt werden.
Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass Distanzunterricht dauerhaft stabile technische und organisatorische Rahmenbedingungen benötigt. Wir begrüßen daher die Weiterentwicklung des gesetzlichen Rahmens und verbinden damit die Erwartung, dass die hierfür notwendigen finanziellen Ressourcen auch künftig verlässlich bereitgestellt werden.
Zugleich erachten wir die klarstellende Unterscheidung in der Gesetzesbegründung zwischen digital gestütztem Unterricht und echtem Distanzunterricht positiv. Diese Klarstellung macht deutlich, dass digital unterstützte Lernformate im Präsenzunterricht nicht unter § 58 fallen und dass echter Distanzunterricht nicht verpflichtend in das pädagogische Konzept einer Schule integriert werden muss, sondern flexibel eingesetzt werden kann.

§ 149 – Finanzhilfe; fehlende Übergangsregelung
Mit der Änderung des § 1 NSchG und dem Inkrafttreten zum 1. Januar 2027 entfällt die bisherige Finanzierung der BFS Pflegeassistenz für dann noch laufende Ausbildungsgänge nach altem Recht. Daher ist es zwingend notwendig – wie zu § 151a formuliert– dass eine Übergangsregelung für laufende Ausbildungsgänge der BFS Pflegeassistenz aufgenommen wird. Dies ist derzeit weder in den Änderungsvorschlägen noch aus der Gesetzesbegründung zu entnehmen.
In der Folge führt die Änderung dazu, dass Finanzmittel mit Beginn des neuen Schuljahres sukzessiv frei werden. Der Verband erwartet daher, dass diese Mittel vollständig im Haushaltsansatz für freie Schulen verbleiben und nicht ersatzlos gestrichen werden.

§ 151a – Schulgeldfreiheit; fehlende Übergangsregelung & Zweckbindung der Mittel
Die Streichung der BFS Pflegeassistenz aus der Schulgeldfreiheit ist aus Sicht freier Schulen in mehrfacher Hinsicht kritisch:

1. Fehlende Übergangsregelungen
Der Gesetzentwurf enthält keinerlei Übergangsregelung für laufende Ausbildungsgänge. Dies hätte zur Folge, dass Auszubildende, die sich bereits verbindlich in Ausbildung befinden, inmitten ihres Bildungsgangs die Schulgeldfreiheit verlieren. Ein solcher Eingriff widerspricht dem verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz (Art. 20 Abs. 3 GG).
Wir fordern daher eine eindeutige gesetzliche Übergangsregelung, wonach für alle laufenden Ausbildungsgänge der bisherige Förderstatus bis zum regulären Abschluss bestehen bleibt.

2. Fehlende Zweckbindung der Mittel
Bislang vorgesehene Mittel für den Bildungsgang Pflegeassistenz dürfen nicht ersatzlos entfallen. Die Schulgeldfreiheit verfolgt klare Ziele, und zwar
– Bildungsgerechtigkeit,
– Gleichstellung freier und öffentlicher Träger sowie
– Sicherung von Fachkräften im pflegerisch-sozialen Bereich

Wir erwarten daher, dass alle bislang vorgesehenen Haushaltsmittel vollständig im Förderbereich nach § 151a verbleiben und für die verbleibenden Bildungsgänge eingesetzt werden.

§ 161b – Zusätzliche Finanzhilfe für wesentliche Entwicklungen im Schulwesen
Die nach § 161b bereitgestellten Mittel unterstützen wichtige Aufgaben wie IT-Administration und schulische Sozialarbeit. Angesichts sich verändernder Rahmenbedingungen möchten wir darauf hinweisen, dass steigende Personalkosten, besonders im IT-Bereich, die Schulen belasten.
Zudem ist die derzeitige Pauschale gedeckelt und enthält keine automatische Dynamisierung, und die Berechnungsgrundlage der Mittelaufteilung ist für Schulen nicht transparent nachvollziehbar.
Wir bitten daher um regelmäßige Überprüfung, ob die Pauschalen den tatsächlichen Entwicklungen weiterhin gerecht werden.

§ 161c – Ganztagsmittel; fehlende Dynamisierung
Die Verstetigung der Haushaltsmittel für Ganztagsangebote an freien Schulen ist grundsätzlich positiv. Allerdings:
– der Ansatz ist fix und
– nicht dynamisiert,
– während die Schülerzahlen im freien Schulwesen mitunter steigen.

Dies führt bei konstanten Mitteln über die Zeit zu einer realen Absenkung der Förderung. Wir erwarten daher:
– eine automatische Dynamisierung, orientiert an Schülerzahlen oder Preisentwicklung, oder
– eine regelmäßige Evaluierung der Mittel, mindestens im Zweijahresrhythmus.


Zusammenfassend bittet der Verband ausdrücklich darum, die folgenden Punkte im Gesetzgebungsverfahren zu berücksichtigen:

  1. Sicherstellung der Zweckbindung und Weiterführung aller bislang für die Pflegeassistenz vorgesehenen Finanzmittel (§ 151a, § 149).
  2. Einführung einer klaren Übergangsregelung für laufende Ausbildungsgänge der BFS Pflegeassistenz.
  3. Sicherung der Gleichbehandlung freier Schulen im digitalen Bereich, einschließlich einer Dynamisierung der Mittel nach § 161b.
  4. Verwaltungsseitige Klarstellungen, die die pädagogische Eigenständigkeit freier Schulen (Art. 7 Abs. 4 GG) wahren.
  5. Keine zusätzlichen oder einseitigen Belastungen durch die Umsetzung von § 7, § 14 und § 58.
  6. Dynamisierung der Ganztagsmittel nach § 161c.

Freie Schulen sind ein unverzichtbarer Bestandteil der niedersächsischen Bildungslandschaft. Wir bitten daher um eine Anpassung des Gesetzentwurfs an den aufgezeigten Stellen, um Gleichbehandlung, Planungssicherheit und eine nachhaltige Bildungsversorgung sicherzustellen.

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